Berichtje van de Oostenrijkse omroep ORF:
"Keine andere Wahl"
Expertenkommission wirbt für Beitrittsverhandlungen mit der Türkei.
Die EU hat keine andere Wahl, als mit der Türkei Beitrittsverhandlungen zu beginnen, sollte das Land die von der Union geforderten politischen Kriterien erfüllen. So lautet die Meinung einer Gruppe ehemaliger hochrangiger Politiker, die am Montag in Brüssel auf eigene Initiative einen Türkei-Bericht vorstellten.
Es sei aber auch im Interesse der Union, die Türkei - nach etwa zehnjährigen Verhandlungen - aufzunehmen.
Offizielle Empfehlung im Oktober
Die EU-Kommission wird ihre offizielle Empfehlung über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen am 6. Oktober vorlegen.
Die Gruppe unter Vorsitz des früheren finnischen Regierungschefs Martti Ahtisaari will nach Eigendefinition mit ihrem gut 50 Seiten langen Bericht eine Diskussionsgrundlage bieten.
"Herausforderungen zu meistern"
Alle ihre Mitglieder sind aber bekennende Befürworter eines türkischen EU-Beitritts. Sie stufen die möglichen Probleme als "Herausforderungen" ein, die alle zu meistern seien oder sich mit der Zeit von selber lösen würden.
"Religion kein Kriterium"
Die Ängste der Bevölkerung seien viel größer als die tatsächlichen Probleme, lautet die Bilanz des Berichts.
So sei die Religion kein Kriterium für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen, es solle daher die überwiegend moslemische Bevölkerung nicht als Hindernis dargestellt werden. Außerdem wäre die Aufnahme eines islamischen Staates ein Signal für die Offenheit Europas.
"Türkische Frauen haben Vorreiterrolle"
Die türkischen Frauen seien große Vorreiterinnen der Frauenrechte. Im Zuge der Verhandlungen würden ihre Rechte noch mehr gestärkt, meint die ehemalige EU-Kommissarin Emma Bonino.
Künftiger Riese in der EU?
Die Migration wiederum werde bei weitem nicht so stark ausfallen wie landläufig befürchtet und das Potenzial sei wesentlich geringer als der Bedarf Europas nach neuen Arbeitskräften.
Die Türkei werde zwar laut Prognosen 2050 mit knapp 100 Mio. Menschen das mit Abstand größte Mitgliedsland sein, die Institutionen der Union könnten damit aber umgehen.
Wo die Ablehnung am größten ist
Gerade in Staaten mit großer türkischstämmiger Bevölkerung sei die Ablehnung des Türkei-Beitritts besonders hoch, räumt Albert Rohan, ehemaliger Generalsekretär im österreichischen Außenamt und Berichterstatter der Gruppe, ein.
Aber er zitierte eine Untersuchung, wonach sich nur 30.000 der knapp vier Millionen türkischstämmigen Menschen in der EU nicht integriert hätten. Das seien weniger als ein Prozent.
"Probleme mit Ratifizierung"
Da Europa auf Grund der überalterten Bevölkerung jedenfalls Zuwanderung brauchen werde, werde es auf jeden Fall Probleme mit der Integration geben, egal aus welchem Land die Menschen kämen.
Allerdings könnte es in einzelnen Staaten, in denen der Beitritt der Türkei massiv abgelehnt wird, Probleme mit der Ratifizierung des Beitrittes geben, räumen die Politiker ein.
"Beträchtliche Kosten"
Sehr zurückhaltend wird die Gruppe beim Geld. Es sei zwar mit "beträchtlichen Kosten" durch den Beitritt zu rechnen, genau könne man das aber nicht vorhersagen, da die künftigen Rahmenbedingungen nicht bekannt seien. Jedenfalls könne die Summe nicht ausufern, sagt Rohan.
Denn der EU-Beitrag sei mit derzeit 1,24 Prozent des Bruttonationaleinkommens gedeckelt und dürfte in der nächsten Finanzperiode noch sinken. Es gehe nur um die Umverteilung eines gleich groß bleibenden Kuchens.
"Starke Veränderung"
Klar ist laut Rohan aber, dass sich die EU wie auch die Türkei durch einen Beitritt stark verändern würden.
Aber "das stört mich nicht", so das Bekenntnis des früheren französischen Premiers Michel Rocard. Auch bisher habe sich die Union im Zuge der Integration verändert.
"Frühestens 2015"
Rohan und Ahtisaari hatten sich bereits in einem Gastartikel in der größten finnischen Tageszeitung "Helsingin Sanomat" (Montag-Ausgabe) für den türkischen EU-Beitritt stark gemacht.
Dem skizzierten Zeitplan gemäß werde die Türkei frühestens im Jahr 2015 beitreten, der freie Arbeitsmarkt für die Türkei innerhalb der Union werde erst weitere zehn Jahre später Realität.
"Große Gefahren bei Scheitern"
Sollte die Türkei der EU nicht beitreten, sehen die Autoren des Artikels größere Gefahren für die Demokratie in der Türkei und das mögliche Erstarken radikaler Strömungen. Die beste Vorbeugung davor sei eine sorgfältige Verankerung der Türkei in andere Demokratien.